Anleitung zum Mischen hellerer Hauttöne mit AERO COLOR® Professional - von Sebastian Kaufhold

Das Portrait ist ein seit Jahrhunderten beliebtes Motiv in der Malerei. Hautfarben sind bekanntermaßen sehr vielfältig und in der Portraitmalerei reichen sie von hyperrealistischen Darstellungen bis hin zu abstrakten Farbgebungen. Neben den individuellen Nuancen können außerdem äußere Faktoren wie Jahreszeiten oder genetische Eigenschaften den Hautton beeinflussen. Somit beschreiben wir hier lediglich exemplarisch, wie es gelingt, verschiedene europäische Hauttypen darzustellen, wohl bewusst, dass dies nur ein Teil der ganzen Bandbreite ist. Mit Hilfe unserer zusätzlichen Tipps ist das Ausprobieren und Mischen vieler weiterer Nuancen individueller Hautfarben empfohlen.

Der Künstler Sebastian Kaufhold hat sein Vorgehen wie folgt zusammengefasst:

Deckende und transparente Töne kombinieren:

Ein häufiger Farbton im europäischen Raum, ist ein neutraler pastelliger Braun- oder Beigeton, der weder zu warm noch zu kühl wirkt.
Der Unterton europäischer Haut kann neutral, rosa oder leicht gelblich sein. Menschen mit einem rosafarbenen Unterton haben oft helle, rosige Wangen, während Menschen mit einem gelblichen Unterton eine wärmere Farbe aufweisen. Diese Untertöne verleihen der Haut eine gewisse Lebendigkeit und Individualität.
Pastellige Brauntöne, die im Allgemeinen heller und gedämpfter sind, können durch das Beimischen von Weiß erreicht werden. Dies verleiht der Haut einen sanften und natürlichen Look. Beim Malen eines Porträts ist es daher sinnvoll, eine Kombination aus deckenden und transparenten Farben zu verwenden. Dadurch können die verschiedenen Nuancen der Haut realistisch dargestellt werden und das Porträt erhält eine lebendige und natürliche Wirkung. 

Brauntöne selber mischen:

Brauntöne mischen sich zu ungleichen Teilen aus den Komplementärfarben, z.B. Orange und Blau. Um die Intensität des Orangetons zu reduzieren und ihn in Richtung Braun zu verschieben, fügt man etwas Blau hinzu. Dadurch wird der Farbton gebrochen und ein natürlicher Braunton erzeugt. Erhöht man den Rot- oder den Gelbanteil des Oranges, erhält man einen rötlichen oder einen gelblichen Braunton. Alternativ können natürlich auch bestehende Brauntöne aus dem Schmincke Sortiment entsprechend angepasst werden.

Meine Schmincke AERO COLOR Professional Farbpalette zum Malen eines Portraits, bzw. zum Mischen von Hauttönen:

Das grundlegende Mischen von Brauntönen erspare ich mir und nutze zum Mischen der Hauttöne die Farben Siena gebrannt (28604) und Brasil-Braun (28602) als Basis.
Da Siena gebrannt ein rötlicher Braunton und Brasil-Braun ein gelblicher Braunton ist, eignen sich diese beiden Farben wunderbar für die Basis der Hauttöne. Durch das Beimischen von BASIS Magenta (28304) und Violett (28305) erreiche ich weitere Nuancen von wärmeren oder kälteren Farbtönen. Durch die Zugabe von Neutralgrau (28701) erziele ich tiefere Schattentöne.

Deckend und Transparent

In der Regel untermale ich mit deckenden Farben und überarbeite dann mit transparenten Farben.
Durch die Verwendung von deckenden Farben (d.h. durch die Zugabe von SUPRA Weiß, deckend (28101)) erhalte ich die notwendigen Pastelltöne in der Untermalung. Im weiteren Verlauf kann ich nun mit transparenten Farben in dünnen Schichten den gewünschten Hautton erzeugen und Strukturen herausarbeiten. Auch das Radieren von Strukturen ist möglich. Bei der Arbeit auf Leinwand habe ich den Vorteil, dass ich die Strukturen mit meinen deckenden Farben sprühen kann.
Ich beginne mit dem Mischen eines deckenden, neutralen Braun-/Beigetons. Hierzu verwende ich SUPRA-Weiß, deckend - Siena gebrannt und Brasil-Braun.

1. Grundton, deckend

SUPRA-Weiß, deckend + Siena gebrannt + Brasil-Braun: 
Mischungsverhältnis 6:2:1
(6 Tropfen SUPRA-Weiß, deckend + 2 Tropfen Siena gebrannt + 1 Tropfen Brasil-Braun)  

Vormischen in einer Leerflasche

Dieser Farbton bildet die Basis, um daraus weitere Farbtöne/Nuancen zu mischen. Daher mische ich diesen „Grundton deckend“ direkt in einer Schmincke AERO COLOR Leerflasche an. Bei einer Menge von 600 Tropfen SUPRA-Weiß, deckend, 200 Tropfen Siena gebrannt und 100 Tropfen Brasil-Braun ergibt sich daraus ca. ein ganzes 28 ml-Fläschchen. Das Anmischen in einer größeren Menge ist außerdem sinnvoll, um nachher immer den gleichen Farbton zu haben.

Deckende Farbtöne

Der vorgemischte Grundton, deckend bildet die Basis und kann nun zu folgenden weiteren deckenden Farbtönen/Nuancen weiter gemischt werden.

2. Grundton, heller

Grundton, deckend + SUPRA-Weiß, deckend
Mischungsverhältnis 3:5

3. Grundton, dunkler

Grundton, deckend + Siena gebrannt
Mischungsverhältnis 10:1  

4. Grundton, roter

Grundton, deckend + Siena gebrannt + BASIS Magenta
Mischungsverhältnis 10:1:1

5. Grundton, blauer

Grundton, deckend + Siena gebrannt + Violett
Mischungsverhältnis 20:1:1  

Transparente Farbtöne

Das Mischungsverhältnis für transparente Farbtöne ist nachfolgend aufgeführt.

Siena gebrannt + Brasil-Braun
Mischungsverhältnis 2:1

Siena gebrannt + Brasil-Braun
Mischungsverhältnis 1:2  

Siena gebrannt + Brasil-Braun + BASIS Magenta
Mischungsverhältnis 2:1:2  

Brasil-Braun + BASIS Magenta
Mischungsverhältnis 1:3  

Siena gebrannt + Brasil-Braun + Violett
Mischungsverhältnis 2:1:1  

Siena gebrannt + Brasil-Braun + Violett + BASIS Magenta
Mischungsverhältnis 2:1:2:2

Siena gebrannt + Brasil-Braun + Violett + Neutralgrau
Mischungsverhältnis 1:2:1:1

Deckende Untermalung

1. Grundton, deckend

Mit dem zuvor fertig angemischten Grundton, deckend untermale ich das Portrait flächig und gleichmäßig. Hierbei spare ich Lippen und Augen aus.
Wenn die Vorzeichnung kräftig genug angelegt wurde, bleibt sie trotz der deckenden Farben ausreichend sichtbar.
In einem Portrait variieren die Hauttöne in leichten Farbabstufungen, in den einzelnen Gesichtspartien. Ebenso variieren die Helligkeitswerte des Farbtons, je nach Beleuchtungssituation den Portraits. Diese Abstufungen definiere ich in den folgenden Schritten bereits in der Untermalung mit deckenden Farben.

2. Grundton, heller

Im nächsten Schritt mische ich Grundton, deckend und SUPRA-Weiß, deckend (Mischungsverhältnis 3:5) zu einem helleren Ton direkt in der Pistole und lege die helleren Bereiche des Gesichts an. Dies sind der Nasenrücken bis hin zur Nasenspitze heller werdend, das Stirnbein, die Wangenknochen und das Kinn.  

3. Grundton, dunkler

Mit einer Mischung aus Grundton, deckend und Siena gebrannt (Mischungsverhältnis 10:1) lege ich die dunkleren Bereiche des Gesichts an: die Partie um die Augen, die Wangen nach hinten, die Kinnquerfalte, die Nasenseiten und die Nasenflügel. Hierdurch erzeuge ich eine erste Plastizität und definiere vorne und hinten im Portrait. 

4. Grundton, roter

Mit Grundton, deckend, Siena gebrannt und BASIS Magenta (Mischungsverhältnis 10:1:1) lege ich die etwas rötlicheren Bereiche des Gesichts an, z.B. um die Nase und Nasenflügel sowie die Wangen. Dies ist abhängig vom jeweiligen Portrait. Zudem kann mit dem Grundton, roter direkt eine Untermalung der Lippen angelegt werden. Hierbei arbeite ich auch zunächst eine gleichmäßige Fläche aus.

5. Grundton, blauer

Mit Grundton, deckend, Siena gebrannt und Violett (Mischungsverhältnis 20:1:1) lege ich den Bereich um die Augen an. Da hier die Haut dünner ist, schimmern Blutgefäße durch und es ergibt sich ein Violett/Blauton. Aber Vorsicht! Sonst kann es schnell ziemlich ungesund aussehen. 
Mit diesem Farbton können auch die Lippen etwas in Form gebracht werden, also Mundwinkel und Oberlippe etwas abdunkeln. An der Unterlippe helle ich den im Licht liegenden Bereich wieder etwas mit SUPRA-Weiß, deckend auf.

Vorteile

Durch die Untermalung mit deckenden Farben und die transparente Überarbeitung habe ich beim Radieren der Hautstrukturen einen Vorteil. Die deckende Untermalung in den radierten Strukturen erhalten einen natürlichen und harmonischen Farbton, da nicht bis zum Weiß des Malgrundes radiert wird.
Beim Arbeiten auf Leinwand, wo sich nicht Radieren lässt, können Hautstrukturen einfach mit dem gemischten Grundton, deckend bzw. Grundton, heller gesprüht und wiederum transparent überarbeitet werden.
Sollte man mit dem Bild zu dunkel werden, kann einfach mit deckender Farbe wieder aufgehellt werden. Oder wenn ein Fehler passiert, kann dieser mit deckender Farbe wieder korrigiert und überarbeitet werden.

Nachteile

Mit dem Gebrauch von deckenden Farben bzw. Weiß muss man sich anfreunden, da diese etwas zäher durch die Pistole gehen. Zudem nimmt das lästige Reinigen der Pistole beim Wechsel von deckender zu transparenter Farbe etwas mehr Aufmerksamkeit in Anspruch.
Da ich ausschließlich auf Leinwand arbeite und dabei im ständigen Wechsel zwischen deckend und transparent arbeite, verwende ich zwei Pistolen.

Transparenter Farbauftrag

6.

Die Farbmischung aus Siena gebrannt und Brasil-Braun (Mischungsverhältnis 1:2) ergibt einen gelblichen Braunton, hiermit lege ich erste Hautstrukturen und Verläufe im Portrait an. Zum Sprühen der Hautstruktur verdünne ich die Farbe ausreichend, um nicht zu dunkel zu werden. In diesen transparenten Farbschichten lassen sich dann auch weitere Hautstrukturen Radieren.

7.

Mit einer weiteren Farbmischung aus Siena gebrannt und Brasil-Braun (Mischungsverhältnis 2:1) erzeuge ich einen eher rötlichen Braunton, womit weitere Farbnuancen im Gesicht angelegt werden können. Hiermit sprühe ich auch wieder Verläufe und erzeuge weitere Hautstrukturen.   

8.

Wenn ich der Mischung, Siena gebrannt, Brasil-Braun und Violett (Mischungsverhältnis 2:1:1) hinzufüge, lässt sich der Farbton weiter abdunkeln und ich erzeuge einen Schattenton, hiermit definiere ich Schatten wie z.B. die Lidfalte oder die Nasenflügelfalte. Zudem können hiermit ebenfalls die Lippen definiert werden, Schatten in den Mundwinkeln und Strukturen der Lippen. Die Oberlippe kann mit diesem Farbton mehr abgedunkelt werden, da diese aufgrund des Winkels etwas mehr im Schatten liegt als die Unterlippe.

9.

Einen weiteren Schattenton kann ich aus Siena gebrannt, Brasil-Braun, Violett und Neutralgrau (Mischungsverhältnis 1:2:1:1) erreichen. Hiermit können tiefere Eigenschaften des Portraits, genauso wie Schlagschatten der Nase oder die Nasenlöcher angelegt werden. Diese Farbmischung ergibt einen dunklen, violett-stichigen Grauton.

10.

Um dem Portrait mehr Leben einzuhauchen und eine natürliche Wirkung zu erzielen, bringe ich noch weitere Farbnuancen mit ein.
Siena gebrannt, Brasil-Braun und BASIS Magenta (Mischungsverhältnis 2:1:2) ergeben einen rötlich orangen Braunton. Damit überarbeite ich das Portrait an einigen Stellen.
Durch die Mischung von Brasil-Braun und BASIS Magenta (Mischungsverhältnis 1:3) erhalte ich einen weiteren Rotton, welcher sich hier um die Nase herum und den Wangen wiederfindet.

Aus Siena gebrannt, Brasil-Braun, Violett und BASIS Magenta (Mischungsverhältnis 2:1:2:2) ergibt sich ein gebrochener Rot-Violettton. Dieser findet sich meist um die Augen herum bzw. den Augenlidern.
Mit diesen Farbtönen können auch Schicht für Schicht die Lippen ausgearbeitet werden. Genauso wie Tränenkanal, Lidkante oder kleine Äderchen im Auge.
Diese Farbnuancen trage ich vorsichtig in dünnen Schichten auf und bewege den Farbton auf dem Malgrund nach und nach in die richtige Richtung. 
Von Person zu Person variieren die Farbtöne im Gesicht.

11.

Highlights und Glanzstellen der Haut sind essenziell. Hierdurch bekommt das Portrait erst seine Lebendigkeit. Diese Highlights bringe ich mit dem Grundton, heller ins Bild. Wenn nötig, wird der Farbton nochmal etwas weiter mit SUPRA-Weiß, deckend aufgehellt.
Zum Schluss habe ich nochmal die Möglichkeit mit dem gemischten Grundton, deckend, welchen ich hierfür mit etwas Wasser verdünne, das Portrait an manchen Stellen vorsichtig und ganz dünn zu überarbeiten. Dadurch können Hautstrukturen wieder etwas abgeschwächt und helle Bereiche des Gesichts hervorgehoben werden. Zudem kann hiermit, wenn nötig, der Hauttyp wieder etwas in einen pastelligeren Ton verschoben werden.


TIPP: Alle Mischungsverhältnisse für diesen Bericht sind exakt mitgezählt worden, dienen aber nur als Anregung. Gerne kann „frei“ gearbeitet werden und es ist immer lohnend, eigene Experimente mit Mischungsverhältnissen zu machen, umso mehr, als dass jeder Hauttyp individuell ist

Der Künstler

Sebastian Kaufhold
Geboren am 25.12.1987 in Siegen.
Lebt und arbeitet in Bochum.

  • 2010-2013 Kunststudium IBKK-Kunstzentrum
  • 2013-2014 Meisterklasse bei Roland Kuck
  • 2014 Abschluss Diplom-Airbrushdesigner
  • 2015-2017 Studium Illustration/ DTP-Computergrafik
  • 2017 Abschluss Diplom DTP-Fachmann
  • 2018 Abschluss Diplom Illustrator

Instagram: @kontrastformat